Kompakt Allgemeinmedizin
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Was Betroffenen beim Zugang zu neuen Krebsmedikamenten wichtig ist

Was ist Krebs­pa­ti­enten bzw. ihren Ange­hö­rigen oder Freunden beim Zugang zu neuen Krebs­me­di­ka­menten wich­tiger: der schnelle Zugang oder die Gewiss­heit, dass die jewei­lige Substanz sie tatsäch­lich länger leben lässt? Um hier­über Klar­heit zu gewinnen, wurde über Cint, eine Online-Platt­form für Umfra­ge­for­schung, eine landes­weit reprä­sen­ta­tive Stich­probe älterer Erwach­sener in den USA für ein online durch­ge­führtes diskretes Auswahl­ex­pe­ri­ment rekrutiert.

Um teil­nah­me­be­rech­tigt zu sein, mussten die Befragten selbst über Erfah­rungen mit Krebs berichten, schil­dern Erst­autor Robin Forrest von der London School of Econo­mics and Poli­tical Science, Groß­bri­tan­nien, und seine Kollegen. Konkret heißt das, sie selbst, ein enger Freund oder ein Fami­li­en­mit­glied hatten früher oder aktuell eine Krebs­dia­gnose erhalten. Wie die Wissen­schaftler ausführen, wählten 998 Befragte im Expe­ri­ment zwischen 2 Krebs­me­di­ka­menten (07.–20.07.2023) und berück­sich­tigten dabei 5 Attri­bute: Funk­ti­ons­status, Lebens­er­war­tung, Gewiss­heit über den Über­le­bens­vor­teil eines neuen Medi­ka­ments, Wirkung des Medi­ka­ments auf einen Surro­gat­end­punkt und Verzö­ge­rung der Zulas­sung durch die US-ameri­ka­ni­sche Food and Drug Admi­nis­tra­tion (FDA).

In die finale Analyse wurden 870 Teil­nehmer (461 männ­lich, 406 weib­lich und 3 andere) einbe­zogen. Wie die Auswer­tung ergab, zeigten sie eine starke Präfe­renz für eine hohe Sicher­heit im Hinblick auf einen Über­le­bens­vor­teil (Koef­fi­zient 2,61; 95%-KI 2,23–2,99) und eine starke Präfe­renz gegen eine 1‑jährige Verzö­ge­rung der FDA-Zulas­sung (Koef­fi­zient ‑1,04; 95% KI ‑1,31 bis ‑0,77). Ange­sichts einer sehr geringen Sicher­heit, dass ein Medi­ka­ment einen Über­le­bens­vor­teil bietet (keine Evidenz, die einen Surrogat-Endpunkt mit dem OS in Verbin­dung bringt), waren die Teil­nehmer bereit, bis zu 21,68 Monate (95% KI 17,61–25,74) auf eine hohe Sicher­heit (starke Evidenz) für einen Über­lebensvorteil zu warten.

Die Wirkung eines Medi­ka­ments auf einen Surrogat-Endpunkt hatte keinen signi­fi­kanten Einfluss auf die Medi­ka­men­ten­aus­wahl (Koef­fi­zient 0,02; 95%-KI ‑0,21 bis 0,25). Ältere Befragte (Alter ≥55 Jahre), jene mit einer anderen Haut­farbe als weiß, Personen mit nied­rigem Einkommen (<40.000 US-Dollar pro Jahr) und Personen mit der nied­rigsten Lebens­er­war­tung reagierten am empfind­lichsten auf die Wartezeit.

Fazit
„Viele Krebs­me­di­ka­mente, die im beschleu­nigten Zulas­sungs­ver­fahren der FDA zuge­lassen wurden, bieten den Pati­enten keinen Über­le­bens­vor­teil“, kommen­tieren die Autoren abschlie­ßend. In dieser Studie hätten die Befragten starke Präfe­renzen für die Gewiss­heit geäu­ßert, dass ein Krebs­me­di­ka­ment einen Über­le­bens­vor­teil bietet. Dabei hätten einige Personen auch eine höhere Bereit­schaft zum Ausdruck gebracht, auf mehr Gewiss­heit zu warten, als zur Beur­tei­lung des Über­le­bens­vor­teils (im Vergleich zum PFS-Vorteil) der meisten Krebs­me­di­ka­mente im metasta­sierten Stadium erfor­der­lich wäre. (sf)

Autoren: Forrest R et al.
Korre­spon­denz: Robin Forrest; r.forrest@lse.ac.uk
Studie: Prefe­rences for speed of access versus certainty of the survival benefit of new cancer drugs: a discrete choice experiment
Quelle: Lancet Oncol 2024;25(12):1635–1643.
Web: https://doi.org/10.1016/S1470-2045(24)00596–5

 

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