Die Reise der Innovation: Unter diesem Motto stand die diesjährige Veranstaltung der Reihe „VORschung voraus“. Der Weg eines Arzneimittels – von der klinischen Forschung über den Marktzugang bis zur Versorgung der Patienten – bildete den inhaltlichen roten Faden, anhand dessen Expertinnen und Experten diskutiert haben, welche Chancen und Herausforderungen auf diesem Weg liegen.
„Wir möchten Deutschland zum wichtigsten Standort für klinische Studien in Europa machen und die Wettbewerbsfähigkeit hier wieder erhöhen“ erklärte Alexandra Bishop, Geschäftsführerin AstraZeneca Deutschland. „90 Prozent aller Todesfälle und 80 Prozent der Gesundheitskosten in Europa sind auf chronische Krankheiten zurückzuführen. Wir können mehr tun, um eine frühere angemessene Behandlung zu gewährleisten, damit alle Menschen länger und gesünder leben können. Wenn Gesundheitsfürsorge eine Priorität ist, ist das ein Gewinn für die Gesellschaft und die Gesundheitssysteme“, betonte Bishop.
Mut für neue Konzepte
Laut Prof. Dr. oec. Volker Amelung, inav – privates Institut für angewandte Versorgungsforschung GmbH, Berlin, ist die Frage entscheidend, wie wir mit den Ressourcen unseres Gesundheitssystems effizient umgehen: „Im internationalen Vergleich geben wir in Deutschland viel für Gesundheit aus. Ich wünsche mir Offenheit und Mut für neue Konzepte, um mehr ‚Value for Money’ zu erzielen.“ Ein möglicher Schritt sei dafür beispielsweise eine engere Verzahnung und Kooperationen unter den Akteuren des Gesundheitssystems zu fördern. „Letztlich sollten wir unser Gesundheitssystem als Sozial- und nicht als Reparatursystem betrachten und beispielsweise die Gesundheitskompetenz in Deutschland steigern“, gab der Experte zu bedenken.
Trotz positiver Signale wie dem Medizinforschungsgesetz bremsen die aktuellen Marktzugangsregelungen die forschenden Pharmaunternehmen aus. So habe das GKV- Finanzstabilisierungsgesetz die Erstattungsbedingungen für neue Arzneimittel erheblich verschlechtert, erklärte Dr. Michael Seewald, Vice President Medical & Regulatory. „20 Prozent Kombinationsrabatt über alle Substanzen hinweg unabhängig vom Zusatznutzen oder dass neue Arzneimittel trotz nachgewiesenem Zusatznutzen in bestimmten Fällen nicht mehr kosten dürfen als die Vergleichstherapie, sind die falschen Signale. Seit Inkrafttreten des Gesetzes sind deshalb bereits fünf innovative Arzneimittel in Deutschland nicht mehr verfügbar“, so Seewald weiter.
Besonders wichtig ist ein zuverlässiger Marktzugang in der Onkologie. Eine Herausforderung dabei seien die Studienkonzepte wie Dr. Lars Mühlenhoff, Oncology Medical Affairs Head Germany, erklärte. „Die moderne Onkologie wird immer zielgerichteter und personalisierter. Damit einhergehend werden die Patientengruppen spezifischer.“ Häufig braucht man deshalb alternative Studienkonzepte.
Alle Patienten sollen die bestmögliche Vorsorge und Therapie für die jeweilige individuelle Situation erhalten. Dafür braucht es evidenzbasierte Konzepte, die durch Fakten Transparenz liefern und aus denen sich gezielte Maßnahmen für die bestmögliche Versorgung entwickeln lassen.
COPD und Asthma
In Deutschland gibt es rund 6,8 Millionen COPD-Patienten. Über 50 Prozent der behandelten COPD-Patienten erhalten in ihrem letzten Lebensjahr bis zum Tod keine leitliniengerechte Therapie [1]. Auch die Versorgung der rund 6,7 Millionen Patienten mit Asthma entspricht noch nicht den Empfehlungen der Leitlinie [2]. Nur bei konsequenter leitliniengerechter Therapie haben diese Patienten eine gute Langzeitprognose.
Um diese Situation zu verbessern, ist eine Erhebung der aktuellen Versorgungssituation auf regionaler Ebene der erste Schritt. „Dies erreichen wir mit ATLAS, einer interaktiven Landkarte mit Daten aus der klinischen Routine aus allen Regionen Deutschlands“, erläuterte Dr. Michael Seewald. „In den verfügbaren Darstellungen lassen sich regionale Versorgungslücken identifizieren“, so Seewald weiter.
Zwar können aus ATLAS keine unmittelbaren Ursache-Wirkung-Beziehungen abgeleitet werden, aber im Austausch und in Zusammenarbeit mit Experten kann in vielen Fällen sehr konkret diskutiert werden, was mögliche Gründe für die aktuelle Versorgungssituation in Deutschland sind und es können konkrete Projekte zur Verbesserung auf regionaler Ebene initiiert werden.
Lungenkrebs
Lungenkrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen mit 60.000 Neuerkrankungen und 45.000 Todesfällen jedes Jahr [3]. Eine frühe Diagnose ist entscheidend für bessere Überlebens- und Heilungschancen. Bisher existiert kein reguläres strukturiertes Lungenkrebsscreening zur Früherkennung in Deutschland. Doch 5,5 Millionen Menschen mit hohem Risiko könnten davon profitieren [4].
Ein konkretes Projekt, um ein Lungenkrebsscreening zur Realität werden zu lassen, stellte Dr. Mühlenhoff vor: Die HANSE-Studie. Gemeinsam haben die Medizinische Hochschule Hannover, die LungenClinic Grosshansdorf und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (Campus Lübeck) Daten zu wichtigen Fragestellungen rund um ein strukturiertes nationales Früherkennungsprogramm für Lungenkrebs gesammelt. Über 5.000 (Ex-)Raucher haben aufgrund ihres höheren Risikos für Lungenkrebs am Screening teilgenommen.
In einem für die Früherkennung wichtigem Punkt, welche Methode zur Identifikation der Hochrisikogruppe geeignet ist, lieferte die Studie bereits erste Ergebnisse. Der PLCOm2012-Score erwies sich als zuverlässiger und effizienter hinsichtlich der Zahl an erkannten Lungenkrebsdiagnosen. Insgesamt wurden 64 Lungenkarzinome entdeckt (35 Stadium I, 6 Stadium II, 11 Stadium III, 12 Stadium IV).
Zusammenfassung
Die „Reise der Innovation“ eines neuen Arzneimittels vom Labor über den Marktzugang bis zu den Patientinnen und Patienten zeigte eindrücklich die Chancen und Herausforderungen auf diesem Weg. In den Diskussionen ergaben sich aus den unterschiedlichen Perspektiven der Expertinnen und Experten konkrete Lösungsansätze dafür, wie Innovationen dauerhaft im System verankert werden können und das Gesundheitswesen nachhaltig finanziert werden kann.
Literatur
- Vogelmeier CF et al. Impact of COPD on mortality: An 8‑year observational retrospective healthcare claims database cohort study. Respir Med 2024;222:107506.
- Gillissen A et al. Weißbuch Lunge 2023.
- Robert Koch-Institut. Krebs in Deutschland für 2017/2018, 13. Ausgabe, 2021.
- Bundesamt für Strahlenschutz. Lungenkrebsfrüherkennung mittels Niedrigdosis-Computertomographie – Wissenschaftliche Bewertung des Bundesamtes für Strahlenschutz gemäß § 84 Absatz 3 Strahlenschutzgesetz. Stand August 2023. Erhältlich unter: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0221–2021082028027 (Letzter Zugriff: 08.05.2024).
Quelle: AstraZeneca GmbH, 26.06.2024
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