Kompakt Allgemeinmedizin
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ICD-11-Einführung: Inzidenz des ischämischen Schlaganfalls wird steigen

Mit der kürz­lich einge­führten Inter­na­tio­nalen Klas­si­fi­ka­tion der Krank­heiten, 11. Revi­sion (ICD-11), wird die Inzi­denz des ischä­mi­schen Schlag­an­falls in der west­eu­ro­päi­schen Popu­la­tion sprung­haft um 18,3% ansteigen. Dies hat ein Forscher­team aus Genf, Schweiz, errechnet.

Die Ursache hierfür liegt in der neuen Defi­ni­tion des ischä­mi­schen Schlag­an­falls, die nun auch Ereig­nisse von <24 h Dauer umfasst, bei denen eine Ischämie mittels Bild­ge­bung des Gehirns nach­ge­wiesen werden kann.

Für die bevöl­ke­rungs­ba­sierte Beob­ach­tungs­ko­hor­ten­studie hatten die Wissen­schaftler um Senior­autor Emma­nuel Carrera vom Univer­si­täts­spital Genf Daten aus dem Schweizer Schlag­an­fall­re­gister, ergänzt durch Kran­ken­haus­un­ter­lagen, ambu­lante Kran­ken­akten und Autop­sie­be­richte, ausge­wertet, um Einwohner des Kantons Genf zu iden­ti­fi­zieren, die in den Jahren 2018 und 2019 die ICD-11-Krite­rien für einen erst­ma­ligen Schlag­an­fall erfüllten, einschließ­lich ischä­mi­scher Schlag­an­fälle, nicht­trau­ma­ti­scher intra­ze­re­braler Blutungen (ICH) oder Subarach­no­idal­blu­tungen (SAH).

Auf diese Weise fanden sie 1186 erst­ma­lige Schlag­an­fälle. Die betrof­fenen Pati­enten waren im Median 75,8 Jahre alt (IQR 63,4–84,5) und zu 48,1% Frauen. Bei 90,9% der Pati­enten mit ischä­mi­schem Schlag­an­fall wurde eine MRT durch­ge­führt. Die jähr­liche Inzi­denz des ersten Schlag­an­falls, alters­be­rei­nigt nach der euro­päi­schen Stan­dard­be­völ­ke­rung, betrug, jeweils pro 100.000, 127,0 (95%-KI 119,8–134,3) – 107,3 (95%-KI 100,7–114,0) für ischä­mi­schen Schlag­an­fall, 13,2 (95%-KI 10,9–15,5) für ICH, 6,0 (95%-KI 4,4–7,5) für SAH sowie 3,1 (95%-KI 2,0–4,2) für aneu­rys­ma­ti­sche SAH. Ins­gesamt war die 30-Tage-Leta­lität bei ICH höher (32,5%; 95%-KI 19,7–38,8) als bei SAH (17,2%; 95%-KI 6,6–27,9) und ischä­mi­schen Schlag­an­fällen (10,8%; (95%-KI 8,4–12,4).

Die Inzi­denz ischä­mi­scher Schlag­an­fälle betrug gemäß ICD-10 (ohne Pati­enten mit radio­lo­gisch nach­ge­wie­senem Infarkt und Symptomen, die <24 h anhielten) 90,4 (95%-KI 84,3–96,5) und nach ICD-11 107,3 (95%-KI 100,7–114,0). Pati­enten mit ischä­mi­schen Schlag­an­fällen, die nach ICD-11, nicht aber nach ICD-10 iden­ti­fi­ziert wurden (d. h. Pati­enten mit Symptomen, die <24 h anhielten, und einer Hirn­lä­sion), waren jünger und wiesen bei der Aufnahme einen nied­ri­geren NIHSS(National Insti­tutes of Health Stroke Scale)-Score auf als Pati­enten, die nach ICD-10 und ICD-11 iden­ti­fi­ziert wurden.

Fazit
Die neue Defi­ni­tion des ischä­mi­schen Schlag­an­falls gemäß ICD-11 führt zu einem Anstieg der Zahl der ischä­mi­schen Schlag­an­fälle um 18,3% in der west­eu­ro­päi­schen Bevöl­ke­rung. (ej)

Autoren: Dirren E et al.
Korre­spon­denz: Emma­nuel Carrera; emmanuel.carrera@hug.ch
Studie: Stroke Inci­dence, Case Fata­lity, and Morta­lity Using the WHO Inter­na­tional Clas­si­fi­ca­tion of Dise­ases 11: The Geneva Stroke Study
Quelle: Neuro­logy 2025;104(5):e213353.
Web: https://doi.org/10.1212/WNL.0000000000213353

 

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