Kompakt Allgemeinmedizin
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Europaweit konsumieren mehr Menschen Cannabis in riskanten Mengen

Die Anzahl der Cannabis-Konsu­menten ist in Europa zwischen 2010 und 2019 im Durch­schnitt um mehr als ein Viertel gestiegen. Dabei hat auch der beson­ders riskante tägliche oder fast tägliche Konsum zuge­nommen. Das sind die Ergeb­nisse einer im Fach­ma­gazin The Lancet Regional Health – Europe veröf­fent­lichten Auswer­tung von Wissen­schaft­lern des Univer­si­täts­kli­ni­kums Hamburg-Eppen­dorf (UKE). Die Forschenden haben anhand öffent­lich zugäng­li­cher Daten aus Ländern der Euro­päi­schen Union sowie aus Groß­bri­tan­nien, Norwegen und der Türkei die aktu­ellen Entwick­lungen beim Canna­bis­konsum, die Behand­lungs­zahlen und den THC-Gehalt untersucht.

Wir konnten in unserer Auswer­tung zeigen, dass mehr Menschen in Europa im vergan­genen Jahr­zehnt Cannabis konsu­miert haben“, sagt Studi­en­leiter Dr. Jakob Manthey, der im von UKE-Wissen­schaft­lern gelei­teten Zentrum für inter­dis­zi­pli­näre Sucht­for­schung der Univer­sität Hamburg und der Tech­ni­schen Univer­sität Dresden forscht.

Die Anzahl der Cannabis konsu­mie­renden Erwach­senen in den unter­suchten Ländern ist im Schnitt um 27 Prozent von 3,1 auf 3,9 Prozent der Bevöl­ke­rung im Alter von 15 bis 64 Jahren gestiegen, wobei der stärkste rela­tive Anstieg bei den 35- bis 64-Jährigen zu beob­achten war. Zudem lag der Anteil der Menschen, die bei Umfragen ange­geben hatten, im vergan­genen Monat täglich oder fast täglich Cannabis konsu­miert zu haben, in jedem zweiten euro­päi­schen Land bei mehr als 20 Prozent; in Portugal sogar bei 70 Prozent. Dabei gilt ein Konsum dieser Häufig­keit als beson­ders riskant. Zugleich wurde euro­pa­weit ein Anstieg der Behand­lungen wegen eines proble­ma­ti­schen Cannabis-Konsums um etwa 30 Prozent regis­triert, vor allem zwischen den Jahren 2010 und 2015. Nur in einzelnen Ländern waren die Behand­lungs­raten leicht rückläufig.

Die Forschenden unter­suchten zudem die Entwick­lung des Wirk­stoff­ge­halts des Rausch­mit­tels im vergan­genen Jahr­zehnt. Der Gehalt des Haupt­wirk­stoffs im Cannabis, das soge­nannte delta-9-Tetra­hy­dro­can­na­binol oder auch THC, hat in den analy­sierten Proben insge­samt zuge­nommen. Bei Canna­bis­harz, auch Haschisch genannt, hat sich der mitt­lere THC-Gehalt in etwa verdrei­facht und bei Canna­bis­blüten fast verdop­pelt. „Mögli­cher­weise ist mit der Zunahme des durch­schnitt­li­chen THC-Gehalts auch eine Zunahme der Gesund­heits­ge­fahren für die Konsu­mie­renden verbunden. Das müssen weitere Unter­su­chungen klären“, sagt Dr. Manthey. Er gibt weiterhin zu bedenken: „Inwie­fern der Anstieg des Cannabis-Konsums durch die Zunahme des in einigen euro­päi­schen Ländern erlaubten medi­zi­ni­schen Gebrauchs erklärbar ist, kann durch die uns vorlie­genden Daten nicht beant­wortet werden. Um das genaue Ausmaß der gesund­heit­li­chen Probleme durch Canna­bis­konsum in Europa abschätzen zu können, ist eine bessere Daten­grund­lage notwendig.“

Für ihre Unter­su­chung haben die Forschenden Daten des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbre­chens­be­kämp­fung, der Euro­päi­schen Beob­ach­tungs­stelle für Drogen und Drogen­sucht und der „Global Burden of Disease“-Studie genutzt. Zudem vergli­chen sie für die Ermitt­lung der Präva­lenz des Konsums die erste und die letzte verfüg­bare Schät­zung jedes Landes und führten für die Ermitt­lung der Verän­de­rung der Behand­lungs­raten und der Wirk­stoff­kon­zen­tra­tion von Cannabis lineare Regres­si­ons­mo­delle durch.

Origi­nal­pu­bli­ka­tion: Manthey J et al. Public health moni­to­ring of cannabis use in Europe: preva­lence of use, cannabis potency, and treat­ment rates. The Lancet Regional Health – Europe 2021. https://doi.org/10.1016/j.lanepe.2021.100227

Quelle: Univer­si­täts­kli­nikum Hamburg-Eppendorf

 

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