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US-Mediziner entwickeln Modell zur Vorhersage von COVID-19-Verläufen

Unter Verwen­dung einer Kombi­na­tion aus demo­gra­fi­schen und klini­schen Daten, die aus sieben Wochen COVID-19-Pati­en­ten­ver­sor­gung zu Beginn der Coro­na­virus-Pandemie stammen, haben die Forscher der Johns Hopkins Univer­sity School of Medi­cine (USA) ein Vorher­sa­ge­mo­dell veröffentlicht.

Dieses Modell könne anderen Kran­ken­häu­sern bei der Versor­gung von COVID-19-Pati­enten helfen, glauben die Autoren – es unter­stütze bei der Entschei­dungs­fin­dung bezüg­lich Planung und Ressourcenzuweisung.

Dr. Brian Gari­baldi leitete das Team, das in den „Annals of Internal Medi­cine“ die Studie zu wich­tigen Erkennt­nisse aus der Versor­gung von COVID-19-Pati­enten zwischen dem 04.03. und dem 24.04.2020 in 5 Johns-Hopkins-Kran­ken­häu­sern in Mary­land und Washington, DC veröf­fent­lichte. Während dieser 52 Tage nahmen das Johns Hopkins Hospital, das Johns Hopkins Bayview Medical Center, das Howard County General Hospital, das Suburban Hospital und das Sibley Memo­rial Hospital zusammen 827 Personen in einem Alter ab 18 Jahren auf (336 Schwarze, 264 Weiße, 135 Personen latein­ame­ri­ka­ni­scher Abstam­mung, 48 Asiaten, 2 ameri­ka­ni­sche Urein­wohner und 42 Personen gemischter Abstam­mung), die positiv auf das SARS-CoV‑2 getestet wurden und COVID-19-Symptome aufwiesen.

Aus den von diesen Pati­enten gene­rierten Daten entwi­ckelten die Forscher ein Modell unter Verwen­dung einer Reihe von bekannter COVID-19-Risi­ko­fak­toren, um vorher­zu­sagen, wie wahr­schein­lich es ist, dass sich die Krank­heit eines Pati­enten während der Behand­lung in einem Kran­ken­haus verschlim­mert und zu welchem Zeit­punkt während ihrer Behand­lung es dazu kommen könnte. Zu den Risi­ko­fak­toren, die Forscher als Teile des Modells verwen­deten, gehörten das Pati­en­ten­alter, der Body Mass Index (BMI), die Lungen­ge­sund­heit und chro­ni­sche Erkran­kungen sowie die Vital­funk­tionen und die Schwere der COVID-19-Symptome zum Zeit­punkt der statio­nären Aufnahme.

Das Modell mit dem Namen „COVID Inpa­tient Risk Calcu­lator (CIRC)“ ist online verfügbar. Laut Gari­baldi soll es dabei helfen, das Risiko einer Verschlech­te­rung des Zustands eines Pati­enten einzuschätzen.

Zu den wich­tigen Erkennt­nissen der Studie gehörte das Tempo, mit der sich COVID-19 von einer leichten oder mittel­schweren zu einer schweren Erkran­kung entwi­ckeln kann – insbe­son­dere wenn ein Patient alle oder einige der mit der Krank­heit verbun­denen Risi­ko­fak­toren aufwies. 45 der Pati­enten in der Studie litten bereits an einer schweren COVID-19-Erkran­kung, als sie ins Kran­ken­haus einge­lie­fert wurden. 120 Pati­enten entwi­ckelten jedoch eine schwere Verlaufs­form oder verstarben inner­halb von 12 Stunden nach der Aufnahme. Bei den 302 Pati­enten in der Studie, die eine schwere Erkran­kung entwi­ckelten oder verstarben, betrug die mitt­lere Zeit für einen Progress 1,1 Tage.

Das schnelle Voran­schreiten der Krank­heit nach der Aufnahme [im Kran­ken­haus] bietet ein enges Zeit­fenster für ein Eingreifen“, schreiben die Autoren. „Verschie­dene Kombi­na­tionen von Risi­ko­fak­toren scheinen schwere Erkran­kungen oder Todes­fälle vorher­zu­sagen, wobei die Wahr­schein­lich­keiten zwischen über 90 Prozent und nur fünf Prozent liegen.“

Zum Beispiel schätzen Gari­baldi und seine Kollegen mithilfe des CIRC, dass eine 60-jährige weiße Frau mit einem BMI von 28, ohne chro­ni­sche Vorer­kran­kung und ohne Fieber, die wegen COVID-19 ins Kran­ken­haus einge­lie­fert wird, eine zehn­pro­zen­tige Wahr­schein­lich­keit besitzt, dass sich ihre Krank­heit bis Tag zwei ihres Kran­ken­haus­auf­ent­haltes verschlim­mert. Je länger sie im Kran­ken­haus verbleibt, desto größer ist diese Wahr­schein­lich­keit: 15 Prozent nach vier Tagen und 16 Prozent nach einer Woche.

Umge­kehrt betrach­teten die Forscher das Beispiel einer 81-jährigen schwarze Frau, die mit COVID-19 ins Kran­ken­haus einge­lie­fert wird. Die hypo­the­ti­sche Pati­entin hat einen BMI von 35 und leidet an Diabetes sowie Hyper­tonie und Fieber. Das CIRC-Model prognos­ti­ziert bei diesem Beispiel eine Wahr­schein­lich­keit von 89 Prozent, dass die Erkran­kung bei dieser Pati­entin bereits am zweiten Tag ihres Kran­ken­haus­auf­ent­haltes einen schweren Verlauf nimmt oder sogar zum Tod führt. Dieser Prozent­satz steigt bis zum vierten und siebten Tag auf mehr als 95 Prozent.

Bis zum 24. Juni waren 694 der Pati­enten in der Studie aus dem Kran­ken­haus entlassen worden, 131 waren verstorben und sieben befanden sich immer noch mit einer schweren COVID-19-Erkran­kung im Krankenhaus.

Wir haben einige leicht mess­bare demo­gra­fi­sche und klini­sche Faktoren iden­ti­fi­ziert, die bei der Beur­tei­lung bei der Hospi­ta­li­sie­rung vorher­sagen können, ob jemand ein fünf- oder ein 90-prozen­tiges Risiko für einen schweren Krank­heits­ver­lauf oder Tod aufgrund von COVID-19 hat“, sagt Dr. Amita Gupta, Mitau­torin der Studie. „Dies sind unglaub­lich nütz­liche Infor­ma­tionen für die Kommu­ni­ka­tion mit Pati­enten und ihren Fami­lien sowie für die Ressour­cen­zu­wei­sung im Krankenhaus.“ 

The COVID Inpa­tient Risk Calcu­lator: CIRCGari­baldi BT et al. Patient Trajec­to­ries Among Persons Hospi­ta­lized for COVID-19 : A Cohort Study. Ann Intern Med 22.09.2020.

Quelle: Johns Hopkins



 

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