Frauen haben weiterhin ein höheres Risiko als Männer, in den folgenden 5 Jahren nach einem ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) oder Nicht-ST-Hebungs-MI (NSTEMI) zu versterben oder eine Herzinsuffizienz (HF) zu entwickeln, selbst nach Berücksichtigung von Unterschieden in angiographischen Befunden, Revaskularisationen und anderen Störfaktoren. Eine gewisse Abschwächung der Unterschiede in den klinischen Ergebnissen sei im Laufe der Zeit jedoch eingetreten. Zu diesem Ergebnis gelangt eine kanadische Studie unter Leitung des Kardiologen Dr. Justin A. Ezekowitz von der University of Alberta, Kanada.
Anhand einer großen bevölkerungsbasierten Kohorte von Patienten mit MI (1. April 2002 bis 31. März 2016) untersuchten die kanadischen Wissenschaftler die Inzidenz, den angiographischen Befund, die Behandlung (einschließlich Revaskularisation) und die klinischen Ergebnisse von Patienten mit erstmaligem MI (n=45.064; davon 13.878 Frauen). Um die Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu ermitteln, wurde eine Reihe von multivariablen Modellen erstellt, um alle MI (54,9% NSTEMI vs. 45,1% STEMI) im Zeitverlauf zu untersuchen.
Die Forschenden stellten fest, dass die in die Studie eingeschlossenen Frauen älter waren (medianes Alter 72 vs. 61 Jahre) und mehr Komorbiditäten und eine niedrigere Rate an diagnostischen Angiographien aufwiesen als die teilnehmenden Männer (Frauen 74% vs. Männer 87%). Frauen, bei denen eine angiographische Untersuchung vorgenommen wurde, hatten im Vergleich zu Männern seltener eine Hauptstammstenose, eine 2‑Gefäß-Erkrankung unter Beteiligung des proximalen Ramus interventricularis anterior oder eine 3‑Gefäß-Erkrankung (33,4% vs. 40,9%; p<0,0001) sowie häufiger eine 1‑Gefäß-Erkrankung oder eine nicht obstruktive koronare Herzkrankheit (KHK, 39,6% vs. 29,1%; p<0,0001).
Patientinnen mit sowohl STEMI (Frauen 9,4% vs. Männer 4,5%) als auch NSTEMI (Frauen 4,7% vs. Männer 2,9%) hatten eine höhere unbereinigte Krankenhausmortalitätsrate als die entsprechenden männlichen Patienten. Nach Adjustierung blieb dieser Unterschied bei STEMI signifikant (adjustierte OR 1,42; 95%-KI 1,24–1,64), nicht aber bei NSTEMI (adjustierte OR 0,97; 95%-KI 0,83–1,13). Zudem entwickelten Frauen nach Krankenhausentlassung häufiger eine HF sowohl nach STEMI (Frauen 22,5% vs. Männer 14,9%) als auch nach NSTEMI (Frauen 23,2% vs. Männer 15,7%), berichten die Forscher.
Das bereinigte relative Risiko für die Mortalität und Entwicklung von HF blieb für Frauen und Männer über die Jahre hinweg ähnlich, obwohl sich die Unterschiede über die 5‑jährige Nachbeobachtungszeit zwar leicht, aber nicht signifikant abschwächten.
Fazit
Für Frauen besteht ein höheres Risiko als für Männer, in den folgenden 5 Jahren nach einem ST-Hebungs-Myokardinfarkt oder Nicht-ST-Hebungs-MI zu versterben oder eine Herzinsuffizienz zu entwickeln. (ah)
Autoren: Ezekowitz JA et al.
Korrespondenz: Justin A. Ezekowitz; Jae2@ualberta.ca
Studie: Is There a Sex Gap in Surviving an Acute Coronary Syndrome or Subsequent Development of Heart Failure?
Quelle: Circulation 2020;142(23):2231–2239.
Web: https://doi.org/10.1161/CIRCULATIONAHA.120.048015