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Nach COVID-19: Fast dreifach erhöhtes Dialyse-Risiko

Alar­mie­rende Zahlen: Pati­en­tinnen und Pati­enten, die COVID-19 über­standen haben, sind laut einer neuen Studie mit über 1,5 Millionen US-Vete­ranen stark gefährdet, eine chro­ni­sche Nieren­er­kran­kung (CKD) zu erleiden [1]. Gegen­über nicht erkrankten Menschen ist ihr Lebens­zeit­ri­siko, Dialy­se­pa­tient zu werden, sogar fast dreimal so hoch. Bei allen ehemals Erkrankten wurde im Verlauf ein sigi­fi­kant erhöhter, jähr­li­cher Verlust der glome­ru­lären Filtra­ti­ons­rate (eGFR) beob­achtet, Wichtig für die Nach­sorge: Die typi­schen „Long-COVID-Symptome“ wie Fatigue oder Kopf­schmerzen können auch auf eine Nieren­schä­di­gung hindeuten.

Lang­zeit­folgen einer sympto­ma­ti­schen SARS-CoV-2-Infek­tion können die Lunge und verschie­dene andere Organe betreffen. Darunter sind auch die Nieren, jedoch waren bisher detail­lierte Analysen zum renalen Post-COVID-Outcome nicht verfügbar. Nun wurde eine Studie veröf­fent­licht, die eine Kohorte von 1.726.683 US-Vete­ranen unter­suchte. Darunter waren fast 100.000 (n=89.216) ehema­lige COVID-19-Pati­en­tinnen und ‑Pati­enten („30-Tage-Über­le­bende“ nach postivem Test­ergebnis im Zeit­raum von März 2020 bis März 2021, Erkrankte, die binnen der ersten 30 Tage der Erkran­kung verstarben, waren in dieser Erhe­bung nicht einge­schlossen worden) und 1.637.467 nicht-infi­zierte Kontrollen.

Die mediane Nach­be­ob­ach­tungs­zeit der Betrof­fenen (90,1% waren männ­lich) betrug 164 (127–268) Tage, bei den Kontroll-Vete­ranen (91,4% waren männ­lich) 172 (133–282) Tage. Analy­siert wurden das Risiko einer AKI (akute Nieren­schä­di­gung), eine Abnahme der glome­ru­lären Filtra­ti­ons­rate (eGFR), Notwen­dig­keit einer chro­ni­schen Dialy­se­be­hand­lung und schwere renale Ereig­nisse (MAKE „major adverse kidney events“). MAKE waren defi­niert als eGFR-Verlust von mindes­tens 50%, chro­ni­sche Dialy­se­pflicht oder Todes­fälle. Die Daten wurden für präspe­zi­fi­zierte demo­gra­fi­sche und gesund­heits­be­zo­gene Merk­male wie Begleit­erkran­kungen, Medi­ka­mente und para­kli­ni­sche Befunde statis­tisch adjustiert.

Die Ergeb­nisse zeigten, dass die COVID-Über­le­benden gegen­über nicht-infi­zierten Vete­ranen auch nach der akuten Erkran­kungs­phase ein erhöhtes MAKE-Risiko (adj. HR 1,66) hatten. Das Risiko für eine akute Nieren­schä­di­gung (AKI) war fast doppelt so hoch (adj. HR 1,94), das Risiko für einen chro­ni­schen eGFR-Verlust von mindes­tens 50% war eben­falls erhöht (adj. HR 1,62) und eine Dialy­se­pflicht trat fast dreimal so häufig auf (adj. HR 2,96).

COVID-Über­le­bende hatten einen deut­lich über das zu erwar­tende Maß hinaus­ge­henden Nieren­funk­ti­ons­ver­lust gegen­über den Kontroll-Vete­ranen, bei denen der jähr­liche eGFR-Rück­gang bei unge­fähr 0,5 ml/min/1,73 m² lag. Der eGFR-„Exzess-Verlust“ (= der eGFR-Verlust zusätz­lich zu den 0,5 ml/min/1,73 m², den auch die Kontroll­pa­ti­en­tin­nen/-pati­enten erlitten) betrug bei ambu­lant behan­delten COVID-19-Pati­en­tinnen und ‑Pati­enten 3,26 ml/min/1,73 m², nach Hospi­ta­li­sie­rung 5,2 ml/min/1,73 m² und bei ehemals inten­siv­pflich­tigen Pati­en­tinnen und Pati­enten sogar 7,69 ml/min/1,73 m². Wer in der akuten COVID-19-Erkran­kungs­phase ein akutes Nieren­ver­sagen (AKI) erlitten hatte,wies sogar einen Exzess-Verlust von 8,41 ml/min/1,73 m² auf.

Der Anstieg des Risikos von Post-COVID-Nieren­schäden war somit zwar abhängig vom Schwe­re­grad der akuten COVID-19-Erkran­kung, doch fest­zu­halten ist, dass bereits bei den Erkrankten, die nur ambu­lant behan­delt werden mussten, das renale Risiko deut­lich erhöht war. Bei ihnen war der jähr­liche Rück­gang der eGFR im Vergleich zu den Kontroll­pa­ti­en­tin­nen/-pati­enten fast um das Sieben­fache erhöht (3,26 ml/min/1,73 m² gegen­über 0,5 ml/min/1,73 m²).

Diese Daten sind alar­mie­rend – nach jeder über­stan­denen COVID-19-Erkran­kung, insbe­son­dere aber nach schwe­reren Verläufen, muss bei der Nach­be­treuung die Nieren­funk­tion im Auge behalten werden. Bei bereits einge­schränkter Nieren­funk­tion oder auffäl­ligen Urin­be­funden sollte unbe­dingt eine nephrolo­gi­sche Mitbe­treuung und nephro­pro­tek­tive Therapie durch­ge­führt werden“, kommen­tiert Frau Prof. Dr. Julia Wein­mann-Menke, Pres­se­spre­cherin der DGfN, auf der Pres­se­kon­fe­renz der 13. DGfN-Jahres­ta­gung in Rostock.

Wie die Expertin hervor­hebt, können die „typi­schen“ Symptome eines soge­nannten Long-COVID-Syndroms – wie Müdig­keit, vermin­derte Belast­bar­keit, Konzen­tra­ti­ons­schwäche oder Kopf­schmerzen – auch Symptome einer chro­ni­schen Nieren­er­kran­kung sein. „Bei entspre­chenden Long-COVID-Symptomen muss also auch an eine chro­ni­sche Nieren­er­kran­kung gedacht werden. Die Abklä­rung der Nieren­werte ist also von beson­derer Bedeu­tung in der Nach­sorge von COVID-19-Pati­en­tinnen und ‑Pati­enten.“

Origi­nal­li­te­ratur

  1. W Bowe B, Xie Y, Xu E et al. Kidney Outcomes in Long COVID. J Am Soc Nephrol 2021 Sep 1; ASN.2021060734. https://www.doi.org/10.1681/ASN.2021060734
  2. Yende S, Parikh CR. Long COVID and kidney disease. Nature Reviews Nephrology. Published: 09 September 2021. https://www.nature.com/articles/s41581-021–00487‑3

Quelle: Deut­sche Gesell­schaft für Nephrologie e.V. (DGfN)

 

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