Kompakt Allgemeinmedizin
Foto Prof. Thomas Frese
Foto: Prof. Thomas Frese © Maike Gloeckner

Editorial: Digitalisierung der Medizin

Liebe Lese­rinnen und Leser,

viel­leicht ist Ihr Sommer­ur­laub schon vorbei und der Praxis­alltag hat Sie wieder. Beson­ders für Kollegen in Einzel­praxen ist eine längere Abwe­sen­heit gege­be­nen­falls mit hinsicht­lich der Arbeits­last eher nega­tiven Aspekten verbunden: Befund­be­richte und Korre­spon­denz warten auf Bear­bei­tung, Pati­enten warten – trotz versierter Arbeit der vertre­tenden Kollegen – auf Konsul­ta­tionen mit ihrem Haus­arzt, um für sie wich­tige Entschei­dungen zu treffen. Viel­leicht ist auch das eine oder andere während der Abwe­sen­heit nicht in die gewünschte Rich­tung gelaufen. Das mag unbe­frie­di­gend sein, aber der Papier­stau regt viel­leicht zum Nach­denken an. Geht das alles nicht einfa­cher? Lassen sich die Dinge nicht effi­zi­enter lösen? Es spricht doch alle Welt immer von Vernet­zung und Geschwin­dig­keit. Bei der Kommu­ni­ka­tion mit unseren Praxen scheint dies noch nicht ange­kommen zu sein: Zum Beispiel kostet die Anfrage von Pfle­ge­per­sonal an einen Haus­arzt immens viel Zeit, es wird in diesem Prozess mehr­fach händisch doku­men­tiert, es werden Faxe hin- und herge­schickt und es gibt viel­leicht tele­fo­ni­sche Nach­fragen. Natür­lich geht auf diesen Wegen auch gele­gent­lich Infor­ma­tion verloren. Sollte man hier nicht bessere Lösungen verlangen? Ist es denn wirk­lich ein tech­nisch nicht lösbares Problem, Anfragen aus einer Pfle­ge­do­ku­men­ta­ti­ons­soft­ware direkt in ein Praxis­in­for­ma­ti­ons­system zu senden? Sind die recht­li­chen Fragen dahinter zu kompli­ziert? Wäre es uns die Zeit­er­sparnis nicht wert, solche Ansätze zu forcieren? Viel­leicht würde dadurch die eigene Arbeit und die inter­pro­fes­sio­nelle Koope­ra­tion ein Stück leichter und besser. Am Ende könnten unsere Pati­enten von einer zügigen und sicheren Kommu­ni­ka­tion profitieren.

Leider erscheint es schwierig, tech­ni­sche Lösung in einem Umfeld aus verschie­denen Akteuren und deren eigenen Produkten und Inter­essen zu etablieren. Auch wird die Über­nahme inno­va­tiver Lösungen durch, größ­ten­teils notwen­dige, Sicher­heits­be­schrän­kungen erschwert. Haben Sie sich für die Durch­füh­rung einer Video­sprech­stunde entschieden und rechnen dies ab? Wahr­schein­lich nicht. Denke ich über die haus­ärzt­liche Tätig­keit und unsere Konsul­ta­ti­ons­in­halte nach, so kommen mir, nicht nur in Anbe­tracht der mangel­haften IT-Infra­struktur im länd­li­chen Raum, deut­liche Zweifel am entlas­tenden Poten­zial solcher tele­me­di­zi­ni­schen Anwen­dungen. Die Mehr­heit der Bera­tungs­an­lässe erfor­dert eine körper­liche Unter­su­chung, Pati­enten haben etwa zwei verschie­dene Bera­tungs­an­lässe pro Konsul­ta­tion. Diese beiden Sach­ver­halte sind über lange Jahre konstant. Und sie machen die Lösbar­keit einer Konsul­ta­tion ohne physi­schen Pati­en­ten­kon­takt unwahr­schein­lich. Auch ist die Qualität eines solchen Arzt-Pati­enten-Kontaktes eine andere. So ist also auch die Frage, ob selbst im Falle des Ausrei­chens einer Video­kon­sul­ta­tion, dies von Pati­enten akzep­tiert und gewünscht wird. Unsere Pati­enten schätzen ihren persön­li­chen Haus­arzt als ganz­heit­li­chen Spezia­listen mit nahem Kontakt.

Herz­lichst!

Ihr Thomas Frese

 

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