Kompakt Allgemeinmedizin
© Patrick Seeger, Universität Freiburg

Antibiotikapegel erstmals über den Atem messbar

Ein Team von Inge­nieuren und Biotech­no­logen der Univer­sität Frei­burg weist zu erstem Mal in Säuge­tieren nach, dass sich in Atem­proben die Konzen­tra­tion von Anti­bio­tika im Körper bestimmen lässt. Die Atem­mes­sungen entspra­chen dem Anti­bio­ti­ka­ge­halt im Blut. Der Biosensor des Teams – ein soge­nannter Multi­plex-Chip für die gleich­zei­tige Messung von mehreren Mess­proben und Test­stoffen – soll die perso­na­li­sierte Dosie­rung der Medi­ka­mente gegen Infek­ti­ons­krank­heiten vor Ort in Zukunft ermög­li­chen und helfen, die Entwick­lung resis­tenter Bakte­ri­en­stämme zu verringern.

Der Sensor der Forschungs­gruppe um Dr. Can Dincer und H. Ceren Ates, FIT Frei­burger Zentrum für inter­ak­tive Werk­stoffe und bioin­spi­rierte Tech­no­lo­gien, und Prof. Dr. Wilfried Weber, Professor für Synthe­ti­sche Biologie und Mitglied im Spre­cher­team des Exzel­lenz­clus­ters CIBSS – Centre for Inte­gra­tive Biolo­gical Signal­ling Studies beruht auf synthe­ti­schen Prote­inen, die auf Anti­bio­tika reagieren und damit eine Strom­än­de­rung erzeugen. Die Ergeb­nisse der Forschenden erscheinen nun in der Fach­zeit­schrift Advanced Materials.

Bisher konnten Forschende nur Spuren von Anti­bio­tika im Atem nachweisen
Die Forschenden testeten den Biosensor an Blut, Plasma, Urin, Spei­chel und im Atem von Schweinen, die Anti­bio­tika erhielten. Sie konnten nach­weisen, dass die Messungen mittels Biosen­soren im Plasma der Schweine so zuver­lässig sind, wie das Stan­dard­la­bor­ver­fahren in der Medizin. Atem­mes­sungen waren zuvor nicht möglich: „Bisher konnten Forschende nur Spuren von Anti­bio­tika im Atem nach­weisen. Mit unseren synthe­ti­schen Prote­inen auf einem Mikro­fluidik-Chip, bestimmen wir kleinste Konzen­tra­tionen im Atem­gas­kon­densat und diese korre­lieren mit den Blut­werten“, erklärt Dincer.

Sensor soll helfen, Anti­bio­ti­ka­pegel bei schweren Infek­tionen stabil zu halten
Bei schweren Infek­tionen müssen Ärzte den Anti­bio­ti­ka­pegel im Blut inner­halb eines perso­na­li­sierten thera­peu­ti­schen Bereichs stabil halten. Ansonsten drohen etwa Blut­ver­gif­tung und Organ­ver­sagen bis hin zum Tod der Pati­enten. Außerdem können sich die Bakte­rien bei nied­riger Anti­bio­tika-Gabe so verän­dern, dass die Medi­ka­mente nicht mehr wirken: Sie werden resis­tent. „Die schnelle Über­wa­chung der Anti­bio­tika-Werte wäre in der Klinik von großem Nutzen“, so Ates, „die Methode ließe sich mögli­cher­weise in eine herkömm­liche Gesichts­maske einbauen.“ Dincer entwi­ckelt in einem weiteren Projekt an der Univer­sität Frei­burg trag­bare Papier­sen­soren für die konti­nu­ier­liche Messung von Biomar­kern im Atem. Zur Vali­die­rung des Anti­bio­ti­ka­sen­sors sind klini­sche Tests geplant, die das System an mensch­li­chen Proben prüfen.

Bakte­ri­en­pro­teine als Sensor
Der Mikro­fluidik-Biosensor trägt auf einem Poly­mer­film befes­tigte Proteine, die so genannte Beta-Laktam-Anti­bio­tika wie etwa Peni­cillin erkennen. Das in der Probe unter­suchte Anti­bio­tikum und ein enzym­ge­kop­peltes Beta-Lactam konkur­rieren um die Bindung dieser bakte­ri­ellen Proteine. Diese Konkur­renz erzeugt eine Strom­än­de­rung wie in einer Batterie: Je mehr Anti­bio­tikum in der Probe vorhanden ist, desto weniger Enzym­pro­dukt entsteht, was zu einem gerin­geren mess­baren Strom führt. Das Verfahren basiert auf einem natür­li­chen Rezep­tor­pro­tein, mit dem resis­tente Bakte­rien das für sie gefähr­liche Anti­bio­tikum erkennen. „Wir schlagen die Bakte­rien sozu­sagen mit ihren eigenen Waffen“, beschreibt Weber das von seiner Gruppe entwi­ckelte Verfahren.

Origi­nal­pu­bli­ka­tion: Ates HC, Mohsenin H, Wenzel C et al. Biosensor-Enabled Multi­plexed On-Site Thera­peutic Drug Moni­to­ring of Anti­bio­tics. Adv Mater 2021 Sep 21:e2104555. https://doi.org/10.1002/adma.202104555

Quelle: Albert-Ludwigs-Univer­sität Frei­burg im Breisgau

 

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